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Der Steinadler
Zweiter Teil
Es war im gleichen Jahr, etwa drei Wochen später…
Schönstes Wetter, sehr warm, es war ein trockener Sommer.
Wieder war ich unterwegs mit Biwak-Ausrüstung, diesmal im Urnerland. Mit
dem Seilbähnli (eher eine offene Kiste) von Silenen hoch nach Kilcherberg. Von
nun an gings bergauf, es war heiss und durstig. Am Seewliseeli vorbei weiter
über den Hoch Fulen und Plattigrat. Mein Wasservorrat war schon längst
aufgebraucht. In diesem Karstgebiet war es unmöglich Wasser zu finden. Ich
entschied mich mit GPS weglos zu laufen, mit dem Ziel ein Bergbächli anzupei-
len. Endlich geschafft, Durst ist viel schwieriger auszuhalten als Hunger!
In der Nähe vom Plattisee schlage ich mein Biwak auf. Ich bin sehr müde und
esse noch eine Kleinigkeit. Ich bin schlauer geworden und beschwere diesmal
den Plastiksack vor dem Zelt mit einem grossen Stein. Noch bei Tageslicht lege
ich mich auf den Schlafsack, es ist viel zu warm. In wohliger Müdigkeit döse ich
vor mich hin.
Plötzlich schrecke ich hoch, es ist als hörte ich die rauschenden Rotorblätter
eines Helikopters direkt über dem Zelt. Wenig später ist der Spuk vorbei, das
Schwingen der Rotorblätter entfernt sich, Ruhe kehrt ein. Was zum Kuckuck war
denn das? Staunend stehe ich vor dem Biwak. Beinahe wäre ich wieder «be-
stohlen» worden: von einem Adler!!! Die Krallenspuren sind deutlich zu sehen.
Diesmal habe ich den Adler gestört.
Der Rest ist schnell erzählt. Am Morgen über Burg und Wängihorn nach Eggen-
bergli und mit der Selbstbedienungs-Seilbahn ins Tal nach Witerschwanden.
Zwei lange, erlebnis- und lehrreiche Tage gehen zu Ende.
4 SAC Hörnli | Nr. 119 Der Steinadler

